In Seoul werden wir im franziskanischen Zentrum wohnen. Das Titelbild zeigt die Statue des Heiligen Franziskus vor unserer künftigen Kirche. Für die Fachleute: Die Ordensbrüder dort nennen sich OFMConv, Ordo fratrum minorum conventualium, also Franziskaner-Minoriten, einer der drei Hauptzweige der Franziskaner. Wir haben aber eine eigene Wohnung, sind also nicht in der Klausur untergebracht 😇.
Der heilige Franziskus – der auf so vieles verzichtet hat, um frei für das Evangelium zu werden – taucht immer wieder in meinem Leben auf. So hab ich einige Jahre am Gymnasium Maria Stern in Augsburg unterrichtet, damals noch in der Trägerschaft der Franziskanerinnen von Maria Stern (heute Schulwerk des Bistums). Die franziskanischen Feste und meine Predigten bei den entsprechenden Schulgottesdiensten haben mich – wie ich heute sagen kann – auch in Richtung Diakonat geprägt.
Meine Fahrten nach Assisi hab ich genossen – es ist immer eine besondere Erfahrung, an diesen Stätten dem franziskanischen Geist nachzuspüren. Auch das franziskanische Zentrum in Augsburg, bis 2008 ein Kapuzinerkloster, hat mich lange Jahre begleitet, vor allem während meiner diversen Ausbildungen nach dem Studium.
Und dann haben wir ja über 18 Monate lang unser Haus ausgeräumt und die Dinge verschenkt, manchmal verkauft, meistens jedenfalls nachhaltig entsorgt – in den Wertstoffhöfen, vor allem aber im Sozialkaufhaus war ich am Ende ziemlich bekannt. Etliche theologische Fachbücher fanden ihren Weg zu interessierten Menschen der Katholisch-Theologischen Fakultät der Uni Augsburg. Mir/ uns war es wichtig, mit leichtem Gepäck zu reisen. Nur wenige Möbelstücke und einige Kisten haben wir eingelagert und auch die Kiste für den Schiffscontainer ist so klein, dass die Sekretärin meiner neuen Dienststelle in Bonn, dem Auslandssekretariat der Deutschen Bischofskonferenz,
extra nachgefragt hat – sie ist da wohl Haushaltskomplettumzüge in eines der 100 Länder gewohnt, in denen andere der 41 Kolleginnen und Kollegen der Auslandsseelsorge gezogen sind. Klar: Wir hätten auch unseren ganzen Haushalt inkl. aller Möbel mitnehmen dürfen. Hier sind die entsprechenden Regelungen dankenswerter Weise sehr großzügig. Aber das wollten wir nicht.
Jedenfalls war diese Reduktion für mich sehr wichtig. Ich hab das von Anfang an mit franziskanischem Gedankengut verbunden. Und in der Tat haben wir immer wieder gespürt, dass uns das Abgeben und Weggeben gut getan hat. In über 30 Ehe-und Familienjahren sammelt sich eben vieles an.
Die Frage begleitet uns weiter: Was brauchen wir denn tatsächlich? Von Franz von Assisi wird berichtet, dass ihm eine Frage eines Mitbruders vorgetragen wurde. Dieser wollte ein Buch kaufen – nicht irgendein Buch, sondern die Bibel(!). Franziskus lehnte aber selbst den Kauf einer Bibel ab, weil man dieses Buch dann mit sich tragen und auch darauf aufpassen hätte müssen. Er wollte völlig frei sein. (Das konnte er natürlich auch deswegen, weil er ein großer Bibelkenner war).
Diese Radikalität wollten Christine und ich nun nicht unbedingt nachahmen – wir haben unter anderem mehrere Bibeln eingepackt🙂. Aber der Grundgedanke ist sympathisch.


Da war es ganz passend, dass wir auf unserer Reise Richtung Norden einen kurzen nostalgischen Besuch in der Rhön auf dem Kreuzberg machen konnten, dem “Heiligen Berg der Franken”. In der dortigen Kreuzbergkirche haben vor 59 Jahren Christines Eltern geheiratet. Das dazugehörige Kloster gehört den Franziskanern und entsprechend wird man dort spirituell und auch bildlich-konkret empfangen.
Die Wohnung in Seoul ist möbliert und es gibt auch Geschirr und Besteck dort. Das hat uns natürlich die Entscheidung, was wir tatsächlich mitnehmen, deutlich erleichtert – und dem Sozialkaufhaus mehrere Auto- und LKW-Ladungen von Haushaltsgegenständen und Möbeln eingebracht. Da wir letztes Jahr in der Wohnung in Seoul waren und seitdem wissen, dass es nicht so viel Stauraum dort gibt, haben wir entsprechend gehandelt.
Am 29. Juli haben wir das Haus an die Vermieter zurück gegeben – ein normaler, doch auch wichtiger Schritt auf unserem franziskanischen Weg. Die Sachen, die auf unserer Reise noch im Auto waren (das sind immer noch viele), werden in den nächsten zwei Wochen weiter reduziert. Ziel ist, Ende August mit nur drei großen und zwei kleinen Koffern ins Flugzeug zu steigen. Nicht mehr und nicht weniger.

Der Heilige Franziskus würde wahrscheinlich über diese immer noch große Menge und diese große Belastung (unsere Koffer sind nicht leicht … – das zum Thema “mit leichtem Gepäck reisen”🤔) nur lächeln, seinen Kopf schütteln, seine Kutte raffen und den Menschen in größtmöglicher Freiheit vom Evangelium erzählen.
Vielleicht würde er die drei zentralen Bibelstellen zitieren, die die Grundlage des franziskanischen Dienstes und Selbstverständnisses bilden:
- „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib ihn den Armen; und du wirst einen Schatz im Himmel haben; und komm, folge mir nach! (Mt 19,21)“
- „Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd. (Lk 9,3)“
- „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. (Lk 9,23)“
Diese Bibelstellen sind auch mir wichtig. In ihrer Radikalität können sie aber zur Zeit mehr oder weniger nur Anhaltspunkte geben, Wegweiser sein in meinem Leben. Es gilt, diesen Weg weiter zu gehen – und es gibt noch so viel vom Evangelium zu verstehen, umzusetzen, zu integrieren, zu leben.
Loslassen scheint ein Schlüsselwort zu sein.