Wir sind neugierige Menschen. Wenn wir in ein neues Land kommen, dann interessieren wir uns für so viele verschiedene Dinge. Ganz besonders interessiert uns die jeweilige Küche.
Wir finden nicht immer alles gut oder vertragen das alles. Aber wir sind da sehr aufgeschlossen. Wir haben schon viel kosten dürfen: In Brasilien und Kenia, in Simbabwe und Dubai, in Schweden und Andorra.
Schon seit wir wissen, dass wir künftig in Südkorea leben werden, hat Christine viel ausprobiert, koreanische Rezepte studiert und umgesetzt, Youtube-Videos von koreanischen Köchinnen angeschaut und vor allem: Kimchi hergestellt (in sich nur langsam steigernder Schärfe – das war m i r wichtig 🙂 ) und so hatten wir viel Vorfreude auf das Essen hier während dieser Vorbereitungsreise.
Leider sind wir da ziemlich ausgebremst worden. Denn hier in der Quarantäne erleben wir mehrere, durchaus negative und hinterfragbare, Phänomene in Bezug auf Essen.
Alles ist in Plastik eingepackt, möglichst mehrfach und dann nochmal. Zur Sicherheit. Hier gibt es wahrscheinlich einen Wettbewerb: Wer verbraucht pro Mahlzeit am meisten Plastik. Wir entsorgen täglich einen ansehnlichen Müllsack, ca. 50 Liter, voll Plastik. Das widerspricht so sehr unserer Überzeugung, in unserem Leben genau hier anzusetzen und zu reduzieren, dass es manchmal schier nicht auszuhalten ist. Da gibt es aber kein Auskommen.
Das Essen ist immer kalt, wenn wir es bekommen. Manchmal möchten wir uns einbilden, dass die Suppe evt. noch ein wenig Wärme aus dem Kochtopf haben könnte. Das ist aber nur Wunschdenken. Das Essen wird angeliefert von einer externen Firma, und wird dann, wenn es in den Tagesplan passt, auf den Stockwerken verteilt. Und das ist hier ein 16stöckiges Hotel, auch wenn wir nicht wissen, wie viele Stockwerke tatsächlich von uns Quarantänehäftlingen gefüllt werden. Erst wenn vor jedem Zimmer das Essen angekommen ist, begibt sich ein Mensch an ein Mikrophon, schaltet es ein und sorgt erst mal für ein längeres Krachen, bis zu 15 Sekunden hat das schon gedauert, und dann kommt die Durchsage auf Koreanisch und Englisch, dass wir die Tür öffnen dürfen und es reinholen sollen. Mittags kommt zudem jedes Mal die Info, dass wir den Müll rausstellen sollen. Das darf nämlich nur geschehen, wenn der Türöffnungsalarm ausgeschaltet ist.
Selbst wenn wir das Essen sofort reinholen, auspacken und anfangen zu essen, ist es kalt. Es gibt keine Chance auf ein warmes Essen. Das ist ab und zu mal ok, aber wenn es gar kein warmes Essen mehr gibt, ist das doch wohl eher suboptimal. Wir helfen uns ein bisschen mit heißem Kaffee oder Tee.
Nun ist aber so manches Essen tatsächlich nur genießbar, wenn es unmittelbar nach dem Kochen auf den Tisch kommt. Wir haben z.B. immer wieder frittierte Kartoffelstücke oder
frittierte Teigtaschen dabei. An sich eine gute Idee. Wenn diese nun richtig gut abkühlen und zudem auf einem wässrigen Gemüse liegen, so dass sie auch noch reichlich Wasser ziehen können, dann ist das Ergebnis jedoch dégoûtant, um es mal höflich auszudrücken.
Auch das Brot, das etwa so wie Pfannkuchen aussieht und an sich eine gute Chance hätte, gerne gegessen zu werden, verändert sich in Geschmack und Konsistenz,
je länger es auf dem obligatorischen und kalten Reis liegen bleibt. Sagen wir mal, dass seine Attraktivität rapide und dabei konsequent abnimmt.
Und die Suppe, die es mindestens zweimal am Tag gibt, bleibt wahrscheinlich für immer und ewig dieselbe. Sie ist mit Curry gemacht, was wir sehr lieben. Aber wenn sie bei uns auf dem Schreibtisch steht, der dann Esstisch wird, dann hat sie die Konsistenz von Pudding bekommen. Kalter Currypudding ist aber sehr gewöhnungsbedürftig.
Dazu kommt: Das Essen wiederholt sich. Und zwar täglich, mit nur kleinen Änderungen, die hauptsächlich das Frühstück betreffen. Ansonsten sind die Variationen sehr überschaubar. Eine Änderung wäre einmalig möglich, aber nicht zielführend. Eine Alternative wäre das Modell “Western”. Das ist aber US-amerikanisches Essen mit allen Konsequenzen. Das muss nicht sein. Wir haben uns für Halal entschieden, da fehlt dann Rind- und Schweinefleisch. Vegan zu essen ist völlig ausgeschlossen.
Ich denke, dass wir hier nun wirklich eine Menge Geld bezahlt haben. Die so überfordert wirkende Organisation des Essens wird dem überhaupt nicht gerecht. Hier werden nicht fertig gedachte bürokratische und finanztechnische Vorschriften unprofessionell umgesetzt. Eine ungute Kombination. Schade.
Wenn wir uns wenigstens frische Sachen liefern lassen könnten. Obst zum Beispiel. Aber das ist verboten. Warum, steht vielleicht irgendwo in den Sternen. Vielleicht wäre dann der Plastikanteil zu niedrig.
Wir sagen uns 12 mal am Tag, dass wir ja hier sind, um nach der Quarantäne das echte koreanische Leben und das echte koreanische Essen und die echte koreanische Freundlichkeit zu erleben und zu genießen. Manchmal sagen wir es auch 13 mal.
Vorhin rief Bruder Benedikt an. Wir sind zum Frühstück bei ihm verabredet, heute in einer Woche, wenn wir unsere Freiheit wieder haben. Und er weiß, dass er uns am besten keine kalte Currysuppe serviert. Außerdem gibt es bei ihm echte Teller und richtige Messer und Gabeln und Löffel. Das ist doch mal eine Perspektive.
Wie heisst es im Rheinland: Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei..
Das alles ist nur noch mit Galgenhumor zu ertragen.
Aber die Freiheit naht, nur noch 7mal schlafen, dann ist Benedikts Frühstückstag da.
Liebe Grüße Anita und Ridolf
Durchhalten! Alles Gute!
Vielen Dank 😀. So ist es! Herzliche Grüße aus Fernost ins Rheinland.
Vielen Dank 😀! Herzliche Grüße.
… wir sind unterwegs zu Euch. Unser privater magischer Flieger landet direkt vor Eurem Sicherheitstrakt und ist für Südkoreander völlig unsichtbar. Der mobile Aufzug wird schnell aufgebaut und beliefert euch mit feinsten Köstlichkeiten, die ihr euch nur wünschen könnt. Alles praktisch verstaut in einer externen WahnsinnsKüche, die direkt durch Euer Fenster zu betreten ist. Sie löst sich am Montag eurer Freigabe in Wohlgefallen auf und keiner merkt, warum einzig und allein ihr beide frohen Mutes in die Freiheit schreitet.
… sicherheitshalber schicken wir zudem, und immer wieder, ein Ermutigungsgebet und die Bitte, dass ihr beide die Zeit bestehen werdet. Wenn das wer aushält, dann kenne ich niemanden anderen, dem ich das zutrauen würde, als euch beiden.
Herzliche Grüße von der LieberDaheimbleiberin, Margit
🤩 Also d i e Organisation ist doch mal einzigartig und wunderbar 🧡! Vielen Dank, wir können es kaum erwarten. Liebe Grüße!