05/10/2023

Quarantäne

Es ist irgendwie schon lachhaft, wenn ich an die erbärmlichen Corona-Regeln in Deutschland denke und sie mit denen von Südkorea vergleiche. Gestern sind wir auf dem Flughafen von Incheon gelandet, einem der beiden Flughäfen von Seoul. Was dann folgte, waren über zwei Stunden Bürokratismus, hauptsächlich wegen Corona. Die darüber hinaus fälligen Formulare zur Einreise und zum Zoll fielen da gar nicht mehr auf. Übrigens wurden wir zweimal fotografiert und die Fingerabdrücke genommen. Die Fotos sind nicht geeignet für eine Bewerbungsmappe… nach der schlaflosen Flugnacht und dem Stress der unzähligen Kontrollen sah ich völlig anders aus, erschöpft, knallrot, verschwitzt. Oder hab ich mein wahres Ich zum ersten Mal richtig gesehen? Das Foto zeig ich hier nicht!

Die Regeln sind äußerst streng und die Strafen bei Nichtbeachtung drakonisch. Das liest man in allen Sprachen auf unzähligen Schildern. Verletzung der Vorschriften bedeutet 10.000.000 Won Geldstrafe, also 7.300 €, oder bis zu 1 Jahr Gefängnisstrafe und ansonsten sofortige Ausweisung und Wiedereinreisesperre für 3 Jahre.

Die für die Quarantäne zuständigen Beamten, alle mit persönlicher Schutzausrütung, also komplett in Plastik gehüllt mit Ganzkörperanzug und Faceshield etc. sind überall am Flughafen. Um uns haben sich nacheinander etwa 10 gekümmert. Unsere Pässe wurde alleine von ihnen 5 Mal eingescannt. Wir füllten Gesundheitsfragebögen aus, wurden immer wieder interviewt, zeigten unsere negativen PCR-Tests, wurden mehrfach temperaturgemessen, und bekamen schließlich eine rote Karte umgehängt. Andere liefen mit gelb herum, warum wissen wir nicht.

Wir werden mit Hilfe einer App überwacht, sowohl unser Aufenthaltsort als auch unsere Gesundheitsdaten werden erfasst, selbige zweimal am Tag. Außerdem bekommen wir immer wieder Nachrichten mit den aktuellen Infektionszahlen von Incheon und weiteren Informationen, Ermahnungen und sonstigen liebevollen Hinweisen. Besonders hilfreich für unsere Quarantänesituation war diese Mitteilung, die ich hier übersetzt zeige, Google translate sei Dank.

Welche App zu nehmen sei, darüber waren sich die Beamten am Flughafen ganz und gar nicht einig. Wir haben unsere Smartphones mehrfach aus der Hand gegeben, und dann wurde wieder neu programmiert. Ohne Smartphone kann man hier übrigens überhaupt nicht einreisen.

Ausschnitt aus der nun gültigen App. Grüne Punkte bedeuten: keine Symptome / nicht vorhanden

Der Ort der Quarantäne, hieß es zunächst, müsse von uns selbst reserviert werden. Ich bekam eine Telefonnummer eines Hotels, dort sollten wir anrufen. Bevor wir das aber machen konnten, bekamen wir drei Stationen weiter die etwas rüde Information, dass wir keinerlei Einfluss auf diesen Ort hätten, darum dürften wir uns gar nicht kümmern. Nun ja. Hier geht man eben sehr fürsorglich mit uns um.

Ich bin froh, dass ich schon in Deutschland koreanische SIM-Karten besorgt hatte. Wir müssen nämlich permanent für die koreanischen Behörden erreichbar sein, und die deutschen Handynummern funktionieren hier nicht bzw. sind viel zu teuer. Also haben wir sie deaktiviert und unseren Mailboxen die Information anvertraut, dass wir nur über Messenger wie WhatsApp und Signal erreichbar sind.

Mit den roten Karten (einfach ein rotes Rechteck in Plastikhülle zum Umhängen- Assoziationen zum Rettungswesen und zur Triage kamen mir dann doch…) wurden wir zur Polizei gebracht. Dort warteten wir etwa eine Stunde, bis wir dann unter Polizeischutz in einem großen (Party-?)-Reisebus ganz für uns allein 30 Minuten zum Quarantänehotel gefahren wurden.

Was für ein Bus…

2.520.000 Won, 1837 Euro, haben wir – nach Interviews, zweimal Passeinscannen und Temperaturmessen-für 14 Tage bezahlt. Das etwa 12 qm kleine Zimmer dürfen wir nicht mehr verlassen. Auf dem Titelbild ist Christine mit Maske zu sehen. Die tragen wir stets, wenn Besuch kommt, so wir Ihr jetzt, die Ihr den Blog lest.

Blick aus dem 9. Stock auf Incheon

Beim Öffnen der Türe ertönt ein Alarmton, wenn nicht zuvor erlaubt wurde, sie für das Essen zu öffnen.

Das Betreten des Flures ist schon strafbewehrt. Das Essen wird vor die Tür gestellt und wenn es dann schön kalt geworden ist, kommt eine Durchsage an alle Zimmer, dass man die Tür aufmachen darf, um es reinzuholen. Ok, ich bin etwas gefrustet.

Wir haben einen Fernseher mit vielen koreanischen und ein paar englischen Sendern, einen Wasserkocher für Kaffee und grünen Tee und W-LAN. Gehofft hatten wir darauf, dass man uns von außen, durch die Gemeinde, bestimmte Dinge liefern darf. Aber das ist fast alles verboten. Kein Gemüse, kein Obst, keine Milch, kein Brot, überhaupt keine frischen Sachen sind erlaubt. Fertignudeln, Nüsse, Getränke in Plastikflaschen, Knabbersachen, Kleidung und – extra benannt- Spülschwämme sind ok. Ich bin so froh und dankbar- gerade Spülschwämme fehlten mir so sehr zu einer ausgewogenen Ernährung.

Deutlich zu lesen: kitchen sponge erlaubt

 

Jeden Tag gibt es Berge von Plastik zu entsorgen. Die Mahlzeiten sind sehr ausführlich in Plastik gepackt, schließlich ist das das Wichtigste in einer Pandemie. Als wir ankamen, sahen wir eine Reinigungskraft in einem Meer von Mülltüten hantieren – jetzt wissen wir, dass das das Ergebnis eines einzigen Tages und eines einzigen Stockwerkes war.

Christine ist sehr kreativ. Da keine Zahnputzbecher da waren, wurden die Suppenschalen ausgewaschen, und nun stehen/liegen/hängen unsere Zahnbürsten darin. Das schöne Seifenstück hat eine Unterlage auf dem Deckel der Suppenschale bekommen.

Nochmal zum Essen: Es ist sehr scharf und etwas ungewohnt, zum Frühstück Reisporridge (schmeckt wie pürierte Reissuppe), oder gebratene Kartoffelwedges, natürlich kalt, zu essen. Wir werden uns daran gewöhnen. Und nach zwei Wochen dann, in Freiheit, einkaufen gehen.

Speiseplan für heute Mittag

Heute früh wurde ein COVID-Test gemacht. In Deutschland: entweder Rachen oder Nase. Hier: beides. Ich habe seit Beginn der Pandemie doch schon einige Tests gemacht. Aber den heutigen werde ich nicht vergessen. Das Stäbchen spüre ich immer noch im Gehirn.

 

 

 

 

2 Gedanken zu “Quarantäne

  1. Lieber Edgar, liebe Christine, wir sind immer wieder in Gedanken bei Euch und wussten bereits durchs Erzählen vor Eurer Abreise, dass Ihr grosse Hürden zu nehmen habt, um mit Eurer zukünftigen Wohnort und Arbeitsstelle in REAL inKontakt zu kommen. Eure Akzeptanz für 14 Tage eurer Freiheit dafür ein zu setzten, lässt uns erschaudern und zollt Euch grossen Respekt und Hochachtung. Wir schicken Euch häufig einen Gedankenflieger mit einem Koffer voll Segen. Er erreicht Euch unmittelbar und muss nicht vor der geschlossenen Tür abgekühlt, nach Signalton ins Zimmer geholt werden.
    Seid herzlich gegrüßt von den gerne DAHEIM-SEIER Margit und Albert

  2. Liebe Margit, lieber Albert, wir freuen uns sehr über eure guten Gedanken, die uns zuverlässig hier im 9. Stock erreichen. Die erste Woche ist geschafft, nur noch bis nächsten Sonntag müssen wir aushalten. Das wird schon!

    Herzliche Grüße aus Fernost von Edgar und Christine

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