São Paulo. Größter industrieller Ballungsraum in Lateinamerika. Hauptstadt mit 12 Millionen Einwohnern des gleichnamigen Bundesstaates. Rechnet man die Metropolregion hinzu, wohnen hier 21 Millionen Menschen. Damit ist diese Stadt eine der größten weltweit.
Das ist hier eine Multikultistadt, die wesentlich geprägt wurde durch europäische Einwanderer (Portugiesen natürlich, Italiener, Deutsche), aber auch durch Libanesen und Japaner. Ein riesiges Viertel hier ist quasi Klein-Tokio. Man schätzt die Zahl der Japaner allein in São Paulo auf 1,5 Millionen, die vor allem das Viertel Liberdade kulturell prägen. In Brasilien insgesamt gibt es die größte Gruppe Japaner außerhalb von Japan.
Wir sitzen im Taxi vom Hotel zum Flughafen und stauen uns durch die verregnete Stadt. Der Winter ist zu Ende, und so langsam beginnt in Brasilien der Frühling und damit die Regenzeit. Das macht uns den Abschied leichter. Wir haben uns erst heute morgen über die heißen Temperaturen von Manaus unterhalten – hier sind es gerade mal 18 Grad Celsius.
Gestern haben wir noch einen Streifzug durch die Stadt gemacht.
Nachdem wir am Vorabend noch im Kunstmuseum waren, haben wir am Sonntagmorgen zuerst den Gottesdienst in der Kirche São Bento (Sankt Benedikt) besucht, der von den Benediktinern mit gregorianischen Gesängen gestaltet wurde.
Wunderschön – und ein sehr kontrastreiches Programm zur Situation der vielen Bettler und Obdachlosen, die vor der Kirche schliefen oder bettelten oder uns Selbstgebasteltes verkaufen wollten.
Und dann haben wir uns treiben lassen.
Wir haben den Stadtmarkt besichtigt
– ein paradiesischer Ort, was frisches Obst angeht, aber auch Fleisch und Gewürze.
Die Gerüche dort waren einfach ein Genuss. Und wir haben uns dort Apfelsinen gekauft, die himmlisch geschmeckt haben.
Weniger paradiesisch waren allerdings die Preise. Und sehr unparadiesisch ging es bei den Menschen außerhalb des Marktes zu. Die waren durch die Bank obdachlos, und den Gestank von dort habe ich immer noch in der Nase, intensiver als den Geruch des Obstes. Naja, man kann halt wegsehen, aber nicht wegriechen…
Auch die Kathedrale haben wir besichtigt.
Ein imposantes Gotteshaus, das Maria geweiht ist
und zusätzlich den Apostel Paulus verehrt.
Kein Zufall natürlich in der Stadt, die nach ihm benannt ist.
Sehr wenig imposant dagegen die vielen Obdachlosen vor der Kirche, auf dem Kirchplatz und um die Kirche herum.
Mehrere Obdachlose kamen uns sehr nahe, wollten Geld, wurden uns ein wenig unheimlich. Wenn man die Sprache kaum spricht, ist es noch viel schwieriger, mit den Menschen in Kontakt zu treten oder zumindest ein freundliches Wort zu sagen. Man kann auch nicht jedem Geld geben. Da ist es schon besser, gezielt Einrichtungen zu unterstützen, die sich der Not der Menschen annehmen, so wie die von Diakon Renato. In São Paulo hatten wir leider keine Gelegenheit, eine solche kennen zu lernen.
Ich denke, diese Liste ließe sich beliebig lang fortführen.
Wir sind hier in einer Stadt, deren soziale Spannungen riesengroß sind. Hier gibt es viele “Gewinner”, das sind die, die von der Industrie profitieren. Und es gibt sehr viele Verlierer der Gesellschaft. Drogenhandel, Prostitution, Vereinsamung, Gewalt, mangelnde Bildung und vieles mehr prägen diese Stadt genauso wie Luxuskarossen, Sicherheitsdienste, Gitter, Zäune und Polizeieinsätze.
São Paulo ist eine Stadt voller Überraschungen. Unsere Zeit hier ist natürlich wieder mal viel zu kurz, um ein belastbares Bild schildern zu können.
Also haben wir einfach die Momente genossen, die uns geschenkt wurden.
Zum Beispiel haben wir in der Nähe der Avenida Paulista gewohnt, das ist eine sehr breite Straße mit 8 Fahrspuren in eine Richtung.
Diese Straße zu überqueren ist an sich immer ein Abenteuer, trotz Ampeln und Zebrastreifen. Aber gestern Nachmittag fanden wir diese Straße, als wir aus der Metro kamen, komplett gesperrt vor
– wie wir später erfuhren, passiert das an jedem Sonntag. Die Straße gehörte den Fußgängern, den Fahrradfahrern und den Joggern – unter der Woche ist an so etwas überhaupt nicht zu denken.
Das Leben dort war bunt und leicht. Die Menschen waren fröhlich, haben bei den Straßenhändlern lustige kleine Dinge gekauft (ich zum Beispiel eine CD von diesem ecuadorianischen Musikus),
der sich ziemlich ins Zeug legte
und wer Durst hatte, konnte alle zehn Schritte eisgekühltes Wasser kaufen.
Inzwischen sind wir am Flughafen angekommen. Wir checken gleich ein und in drei Stunden fliegt uns British Airways nach London.
Der Aufenthalt hier geht zu Ende, meine/ unsere Reise aber nicht. Es gibt noch manches zu berichten und nachklingen zu lassen. Daher werde ich demnächst wieder weiter schreiben.
Ate logo, bis bald!