Über 7 Millionen Menschen kommen jedes Jahr als Pilger oder Touristen an den berühmtesten Ort Brasiliens: Aparecida. Das heißt übersetzt „erschienen“ und bezieht sich auf das Jahr 1717, in dem drei Fischer nach zunächst erfolglosem Fischfangversuch eine Marienstatue im Meer fanden und anschließend einen überreichen Fang machten. Die Statue zu fotografieren ist nicht einfach. Sie ist hinter Panzerglas aufbewahrt und viele Menschen wollen sie sehen. Ich werde versuchen, ein besseres Bild zu organisieren. Daher hier zunächst nur ein Eindruck aus der Ferne.
Die wird aber von vielen Menschen aus Dankbarkeit nachgebaut, gestiftet und ausgestellt; das führt zu sehr schönen und teilweise sehr lustigen Ergebnissen.
Die Figur wurde zunächst in einer privaten Wohnung aufgestellt.
Später wurde sie in eine 1745 dafür geweihte öffentliche Kapelle gebracht, und nach und nach mussten immer wieder neue, größere Kirchen gebaut werden, da die Pilgerströme immer größer wurden. Der aktuelle Neubau wurde 1980 von Papst Johannes Paul II geweiht.
Ich glaube, dass man Wochen braucht, um diese Kirche mit ihren unzähligen Facetten in ihrer theologischen Aussage zu verstehen. Wir waren nur zwei Tage dort und haben vielleicht eine kleine Ahnung von ihr bekommen. Geholfen hat mir dabei eine abendliche zweistündige Führung.
Die wichtigste Aussage der Kirche ist die, dass es sich zwar um ein Marienheiligtum handelt (und deswegen kommen ja auch die vielen Menschen und singen viele Marienlieder), aber im Zentrum der Kirche steht Gott, steht Jesus Christus, steht der Heilige Geist- und all das, was durch den dreifaltigen Gott in dieser Welt und an dieser Welt geschehen ist.
Das Bild zeigt die Kuppel der Basilika. Die Taube steht für den Heiligen Geist, die Sonne drumherum für Christus und die Farbe Gold für Gott Vater.
Der dreifaltige Gott wird von den Redemptoristen, die die Wallfahrt leiten, stets betont – und wenn es um Maria geht (logischerweise sehr oft in einer Marienkirche), dann als um diejenige, die auf Christus weist, und das ist ja auch ganz in ihrem Sinne. Denn sie hat bei der Hochzeit von Kana den entscheidenden Satz gesagt: „Was er euch sagt, das tut!“ (Joh 2,5).
Ich habe ähnliche Erfahrungen in Lourdes gemacht. Der dortige Bischof wird nicht müde, die Gottesmutter zu verehren und zugleich den in einem Mosaik in Lourdes künstlerisch dargestellten Aufruf zu wiederholen: „Par Marie à Jesus“ – Durch Maria zu Jesus. Beide Aussagen gehören zum Kern der christlichen Theologie: dass die Marienfrömmigkeit nicht ausufern darf, dass sie nicht zum Selbstzweck werden darf. Es muss stets darum gehen, Christus zu verkünden, sein Evangelium zu leben und ihm nachzufolgen. Bei aller katholisch-theologischen Klarheit über die Bedeutung Marias, die den Erlöser zur Welt gebracht hat und daher als Mutter Gottes zu Recht verehrt wird, gibt es doch immer wieder die Tendenz, dass Maria in der Volksfrömmigkeit auf die Ebene Gottes gehoben wird. Und wenn ich dann sehe, was auf vielen Poloshirts von Pilgerinnen und Pilgern in Aparecida steht, dann ist das nicht weit hergeholt. Denn viele Menschen tragen darauf die Schrift Romaria à Casa de mãe– das heißt übersetzt Wallfahrt zum Haus der Mutter, und gemeint ist die Basilika in Aparecida, die aber doch weiterhin als Haus Gottes bezeichnet werden sollte.
Auf jeden Fall ist Aparecida für die katholischen Brasilianer und Brasilianerinnen Vorbild. 296 Kirchen und 5 Kathedralen in Brasilien tragen diesen Namen, und viele Mädchen werden danach genannt (Rufname Cida).
Die Kirche ist die zweitgrößte katholische Kirche der Welt nach dem Petersdom: 173 m lang, 168 m breit, in der Kuppel 70 m hoch. 45000 Menschen können darin gleichzeitig Gottesdienst feiern.
Das Bild ist am Samstag den 15.9.2018 aufgenommen worden, das ist das Fest der Schmerzen Mariens (Maria unterm Kreuz), da waren es vielleicht 20.000 Menschen. das Bild zeigt nur einen winzigen Teil davon, aufgenommen nach dem Gottesdienst
Die Logistik, die dahinter dem Wallfahrtsort steht, kann man nur erahnen. Der Parkplatz zum Beispiel umfasst 272.000 m², dort können 4.000 Busse und 6.000 Autos parken.
Ich habe ein paar Bilder gemacht, um euch einen Eindruck von diesem Wallfahrtsort zu geben.

Es lohnt sich sehr, sich für diese Kirche Zeit zu nehmen und die vielen Darstellungen aus dem Leben Jesu in Ruhe zu studieren. Genauso wie die Statuen, die Lichtspiele, die kunstvollen Rosetten, die zentralen Glaubensaussagen in Stein und Holz gestaltet und vieles mehr.
Wenn man allerdings mit den großen Pilgerströmen kommt, also an den großen Festtagen oder am Sonntag, lässt man sich am besten als Beter hineinfallen in eine quirlige, große, scheinbar endlose Menge von betenden und singenden Menschen, die aber auch eine unendliche Anzahl von Fotoapparaten und Smartphones nutzt, Babys stillt, sich südamerikanisch-lebendig-laut austauscht, riesige Kerzen aufstellt… Eine sehr lebendige fröhliche Truppe ist das.
Am 14.9.2018, einem Freitag, haben Alberto und ich in der Basilika als Diakone liturgisch den Gottesdienst mitgefeiert. Das war sehr feierlich und ein schönes Erlebnis. Das Fotografieren während der heiligen Messe war nicht gut möglich, aber ich werde Bilder davon nachreichen. Wir haben uns einen Mitschnitt auf DVD besorgt, und sobald ich einen PC mit DVD-Laufwerk habe (also in wenigen Tagen zu Hause) kann ich davon Bilder herausschneiden und hier veröffentlichen.
Wir sind inzwischen in São Paulo angekommen. Hier werden wir einen Streifzug durch diese 11-Millionen-Stadt machen.
Bis bald!