Und was ist das jetzt?
Am Rande des Stadtzentrums findet sich die Catedral de São Sebastião do Rio de Janeiro, also die dem Heiligen Sebastian, der auch der Patron der Stadt ist, geweihte Hauptkirche des Erzbistums Rio de Janeiro. 1979 fertiggestellt ist sie 96 Meter hoch mit einem Durchmesser am Grund von 106 Metern. 20.000 Personen passen da hinein.
Schon der Glockenturm ist hoch interessant.
Der Bau des Architekten Edgar Fonseca war und ist bis heute umstritten. Natürlich muss man die Erbauungszeit mit einbeziehen. Die Bauweise in Beton ist typisch für die 60er Jahre (Baubeginn der Kathedrale war 1964, Weihe 1979). Einzelne Stilelemente erinnern an die unterirdische Basilika Pius X. in Lourdes. Und von der Atmosphäre her ist sie auch ein wenig vergleichbar mit der Königsbrunner Kirche Zur Göttlichen Vorsehung, obwohl die natürlich viel niedriger gebaut ist.
Der Bau war und ist umstritten. Wie das nun mal so ist: Beton muss man mögen. Aber die Blick nach oben ist schon faszinierend…
Und theologisch war in den 60er Jahren auch die Idee einer bescheidenen Kirche vertreten, einer Kirche der Armen- und das sollte sich auch im Material des Kirchenbaus niederschlagen.
Das theologisch hoch spannende und sehr alte Bild der Maria als Sedes Sapientiae, als Sitz der göttlichen Weisheit ist in der Kathedrale aber auch zu finden und stellt diesen Kirchenbau bewusst in die christliche-jüdische Tradition hinein. Der Begriff der Sedes Sapientiae ist aus der Lauretanischen Litanei abgeleitet und spielt auf den alttestamentlichen Thron Salomons an. Die Darstellung ist immer so, dass Maria sitzt und Jesus auf dem Schoß hat, der aber nicht als Kind, sondern (je nach Darstellung) meistens als ein kleiner Erwachsener zu sehen ist. Auch manche Universitäten haben dieses Motiv in ihrem Siegel, so das aktuelle Siegel der Uni Löwen und das frühere Siegel der Uni Köln.
Das Taufbecken ist mit christlichen Symbolen gestaltet und knüpft damit an die die Tradition der ersten Christen an, die solchen Symbolen sehr verbunden waren – etwas, das wir so langsam in der Kirche wieder entdecken und für die Katechese nutzen.
Die Figur des Franz von Assisi schlägt die Brücke zur Verantwortung für die Schöpfung.
Bemerkenswert ist die Darstellung der sieben Werke der Barmherzigkeit, eines der diakonalen Themen überhaupt.
Hungernde speisen
Dürstenden zu trinken geben
Nackte bekleiden
Fremde aufnehmen
Kranke besuchen
Gefangene besuchen
Tote begraben
Das sind Beispiele für eine grundchristliche Ethik – und aktueller denn je.
Und besonders angesprochen hat mich dieses Kreuz:
Bei allen Streitereien um diese Kirche: Hier kann man Gott genauso verehren und das Evangelium verkünden wie in jeder anderen auch. Und das allein zählt.